Nur die Poesie findet die Sprache der Trauer
III. Eine neue politische Sprache entwickeln:
Im Angesicht der Tiefe des Verlusts, der kalten Realität des Todes finden wir Worte unangemessen. „Was sage ich jemanden, der gerade seinen Bruder in den Türmen verloren hat?“ fragt mich ein zum inneren Kreis New Yorker AktivistInnen gehörender Mann. „Wie spreche ich ihn an?“
Die Sprache der Abstraktion funktioniert nicht. Ideologie funktioniert nicht. Verurteilendes oder herablassendes Verhalten, das Beschämen oder Beschuldigen anderer Menschen, all das kann den Verlust nicht wirklich in seiner Tiefe berühren. Nur die Poesie findet die Sprache der Trauer. Nur Worte, die vermitteln, welche Elemente des Lebens wir sehen, riechen, schmecken und fühlen können, vermögen uns zu erreichen.
Um das zu tun, müssen wir eine neue Sprache schaffen, eine Sprache des Wortes und eine Sprache der Tat. Uns auf der politischen Linken können bestimmte Worte und politische Formen genauso wichtig sein, wie den Katholiken die lateinische Messe. Wir beschwören die Begriffe „Imperialismus“ oder „Antikapitalistisch“ oder „Gewaltlosigkeit“ oder sogar „Frieden“ mit einer beinah religiösen Inbrunst, als ob nur allein Worte im Kampf Schläge austeilen könnten. Diese Worte sind ohne Zweifel nützlich und sinnvoll. Aber sie sind wie das Klischee, das der schlechte Dichter verwendet. Sie sind die leichte erste Antwort, die uns die Anstrengung des wirklichen Ausdrucks erspart.
Seit einiger Zeit höre ich einige meiner politischsten FreundInnen sagen: Ich kann an keiner weiteren Versammlung teilnehmen. Ich kann es nicht ertragen, dass mir auch nur noch eine einzige Person in ärgerlichem Ton sagt, welches die Antworten sind. Was wäre, wenn wir mitten in unseren Versammlungen anhielten und sagten, „ihr wisst doch, das sind komplexe Probleme, viele von uns haben gemischte Gefühle; nehmen wir uns doch die Zeit, dass alle hier Versammelten miteinander reden können anstatt sich noch mehr Reden anhören zu müssen.“
Wenn wir uns einige unserer unklaren Seiten eingestehen könnten, würden wir möglicherweise auch entdecken, dass wir der überwältigenden Mehrheit der Kriegsbefürworter näher stehen als wir glauben. Und die haben vielleicht ihre eigenen gemischten Gefühle.
IV. Unsere eigene Alternative zu Bushs Krieg anbieten:
Die Tatsache, dass die Angriffe vom September als Kriegshandlung anstatt schlicht als Verbrechen betrachtet wurden, hat den Tätern eine Art Würde verliehen. Die Tatsache, dass wir in den Krieg ziehen, hat und zu Bin Ladens Rekrutierungsbüro gemacht und entfremdet uns schnell die gesamte islamische Welt. Die Tatsache, das wir Afghanistan bombardieren, lässt uns in den Augen der islamischen Welt (und bei allen Menschen mit Herz und Verstand) als Mörder erscheinen und hat tausende neuer potentieller Feinde geschaffen, die bereit sind zu sterben. Dadurch, dass durch die Bombardements Lastwagen mit Hilfsgütern daran gehindert werden vor dem Einbruch des Winters größere Mengen von Nahrungsmitteln ins Land zu bringen, sind jetzt bis zu 7 Millionen Afghanen vom Hungertod bedroht.
Ganz gleich was uns Umfrageergebnisse und Medien mitteilen, bin ich nicht wirklich davon überzeugt, dass die Mehrheit der US Bevölkerung nach dem Blut der Afghanen lechzt. Der Satz, den ich mehrfach hörte, war ein klagendes: “Wir müssen etwas tun. Bushs Programm ist das einzige, das uns vorliegt.“ Die Angriffe sind real und absolut zerstörerisch. Wenn wir einfach nach „Frieden“ rufen, und „where have all the flowers gone?“ singen werden wir ihrer Ernsthaftigkeit nicht gerecht. Wenn wir uns Bushs Krieg widersetzen, brauchen wir eine klare Alternative.