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Donate Pahnke McIntosh

Donate Pahnke McIntosh

Donate Pahnke McIntosh ist 1951 geboren und Leiterin des Selene-Instituts für Rituale, sowie Schriftstellerin und Übersetzerin. Sie ist mit Christopher McIntosh verheiratet und hat zwei Töchter aus erster Ehe und zwei Enkeltöchter. Sie lebt in Bremen.
Nachdem sie einen Hirntumor überlebt hat, schreibt sie gerade an einem Buch mit dem Arbeitstitel „Mit der Göttin durch den Krebs“. Seit Mittsommer 2014 gibt es eine Publikations-Webseite mit ihren Schriften über Neue Hexen, Rituale und Reclaiming. Eine vollständige Biografie ist hier zu finden.

Das folgende Interview wurde am 01. Juli 2014 mit ihr geführt.

Wie hast du zu Reclaiming gefunden? Wie sah dein vorheriger spiritueller Weg aus?

Ich fand zu Reclaiming, als ich 1987 Starhawks ersten Workshop in Deutschland besuchte. Ihr Buch Der Hexenkult, das kurz zuvor auf Deutsch erschienen war, hatte mich noch nicht besonders beeindruckt, aber dieser Workshop war eine Offenbarung! Nach genau dieser Art Rituale zu feiern hatte ich lange gesucht und war viele Jahre durch die unterschiedlichsten Vereinigungen und Gruppen gezogen. Nichts von dem, was ich fand, auch nicht in verschiedenen feministischen Gruppen, war „meins“. Starhawks Arbeit und ihre Person begeisterten mich, und eine meiner wichtigsten Lehrzeiten begann. Ich habe darüber einen Artikel geschrieben: Being a Good Pagan. Magische Lehrjahre bei Starhawk, der in der Schlangenbrut erschien und auf meiner Publikationsseite erhältlich ist: www.vanadis.org.

Was bedeutet Reclaiming für dich? Was hat dich am meisten daran angezogen? Warum bist du dabei geblieben?

Was mich angezogen hat: Meine ersten Reclaiming-Lehrerinnen waren Starhawk, Pandora O’Mallory, Carol McAnnally und Rose Maydance, die damals (in den achtziger Jahren) Covenschwestern in San Francisco waren und nach Deutschland kamen, um hier Workshops zu geben. Dazu gehörten auch die beiden Riesenworkshops auf der Burg Stettenfels 1988 und 1990, die im gewissen Sinne Vorläufer des deutschen Witchcamps waren. Die Lehrerinnen brachten das mit, was ich an Reclaiming besonders schätzte: die Mischung aus Kompetenz und Freizügigkeit, Spiritualität und politischem Engagement, geschützter Struktur und grenzenloser Experimentierlust, die tiefen persönlichen Erfahrungen, die ich in Trancen, in der Energiearbeit, im Singen, in Momenten der Ekstase machen konnte, und vor allem der Humor, der alles durchzog! Ich, die in typisch protestantischer Mangelernährung aufgewachsen bin und mich auf meinem spirituellen Weg durch endlose rückenkillende Meditationssitzungen, intellektuelle Alternativgottesdienste und bedrückend hochheilige matriarchale Mysterienfeiern gequält hatte, habe es ohne Ende genossen, dass wir auf einmal lachen durften! Auch mitten im Ritual! Reclaiming war für mich immer die Verkörperung des Spruchs der Sternengöttin: „Alle Akte der Liebe und Freude sind meine Rituale“.

 

Ich wünschte mir, dass wir all diese Dinge viel stärker und dauerhafter in unseren deutschen Kreisen verankern könnten und war deswegen total begeistert, als wir im Rahmen eines Reclaiming-Workshops dann 1993 das Frauennetzwerk Gespinnst gründeten. Es besteht immer noch und ich war lange Jahre aktive Mitfrau. Ein großer Schritt war 1996 die Gründung des ersten deutschen Witchcamps, des Feencamps, das bis 2006 in Oberlethe stattfand.

 

Warum ich dabei geblieben bin? Tja. Hm. Gute Frage. Bin ich dabeigeblieben?? Ja und nein. Ja: Ich feiere und unterrichte Rituale immer noch im Reclaiming-Stil und habe viele Reclaiming-Freundinnen und Freunde in Deutschland und in den USA. Nein: Ich bin mit einigen Dingen in der Reclaiming-Community nicht einverstanden, z.B. mit der unkritischen Verherrlichung des Konsensprinzips, mit den schwierigen Machtstrukturen in einer angeblich non-hierarchischen Gemeinschaft oder mit der strengen Prohibition.

Welche Rolle spielt die Spiritualität in deinem täglichen Leben? Wie verbindest du Reclaiming mit deinem Alltag?

Die Spiritualität und die Göttin tragen mich durchs Leben, durch alle Höhen und Tiefen und besonders durch Krisen. Ich mache jeden Morgen eine Bewegungsmeditation, und Rituale durchziehen meinen Alltag. Seit über 30 Jahren feiere ich in Bremen alle acht Jahresfeste, teils in öffentlichen, teils in privaten Gruppen.

Welchen Platz hast du in der Reclaiming Gemeinschaft? Wie hast du ihn gefunden bzw. bist hineingewachsen?

Früher war ich sehr aktiv in Reclaiming. In den deutschen Reclaiming-Aufbaujahren von Mitte der achtziger bis Ende der neunziger Jahre habe ich (neben der Gründung und dem Aufbau des deutschen Witchcamps) unzählige Reclaiming-Workshops gegeben und war jedes Jahr für längere Touren in den USA. Ich war als deutsche Spoke aktiv dabei, als der Spokes Council, der Witchcamp Council und BIRCH sich entwickelten, als Teacher Guidelines erarbeitet wurden und als das erste Dandelion-Treffen ins Leben gerufen wurde (der Name stammt übrigens von mir!). In Washington habe ich mit anderen Reclaimern an Demos teilgenommen und in Cazadero auf Starhawks Ranch viel über Permakultur gelernt.

 

Nachdem das Feencamp 2006 zu Ende ging, bin ich an den Rand von Reclaiming gerückt.

Was sind deine Wünsche und Träume in Hinblick auf Reclaiming für die Zukunft?

Ein großer Wunsch von mir wäre, dass sich die Camps darauf einstellen, dass viele von uns in die Jahre gekommen sind und nicht mehr so fit und beweglich sind wie früher. Die spartanischen Verhältnisse in den meisten amerikanischen Camps empfinde ich wie eine Ausgrenzung – ich schaffe es einfach körperlich nicht mehr, rund um die Uhr in Gruppendynamik zu sein oder in primitiven Cabins zu hausen, teilweise ohne Strom und Wasser… Es ärgert mich etwas, dass auf alle möglichen Besonderheiten in Reclaiming sehr engagiert Rücksicht genommen wird, nur nicht auf körperliche Einschränkungen – und manchmal denke ich wehmütig an Oberlethe zurück, als jede sich die Unterkunft nach eigenen Bedürfnissen aussuchen konnte!

 

Den deutschen Reclaiming-Gruppen und besonders dem Phönixcamp wünsche ich ein kräftiges Blühen, Wachsen und Gedeihen!