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Bewahre die Vision

14. September 2001 (Übersetzung: Christel Boente)

Die Welt hat sich verändert in der vergangenen Woche. Ein Akt der Gewalt und des Schreckens hat Tausende das Leben gekostet und all unsere Pläne und Erwartungen in die Zukunft zerstört.

Wir, die wir für globale Gerechtigkeit gearbeitet haben , sehen uns einer einer ungeheuren Herausforderung gegenüber. Seit Seattle haben wir ungeachtet der dauernd zunehmenden Polizeigewalt und den Versuchen der Medien, uns als gewalttätige Verbrecher abzustempeln, eine Bewegung aufgebaut und erhalten. Genua hat uns nicht eingeschüchtert, und die Begeisterung für die Demonstrationen in Washington DC Ende des Monats hat stetig zugenommen. Die öffentliche Meinung hat sich verändert und das ganze Gefüge der Herrschaft der Konzerne hat an Glaubwürdigkeit verloren.

Die terroristischen Angriffe vom letztem Dienstag könnten all unsere Arbeit unterminieren, wenigstens kurzzeitig. Sie sind eine perfekte Entschuldigung für die Staaten, um ihre Unterdrückung zu verstärken, die Bürgerrechte einzuschränken und  JedeN, die/der sich gegen blinde Vergeltung ausspricht, zu dämonisieren.

Die Stimmung im Land ist außerordentlich schlecht. Die Leute sind verängstigt. Sie sind ärgerlich. Ihr Empfinden von Stärke und Unverwundbarkeit ist schwer erschüttert worden, und das sind sie in den Staaten nicht gewöhnt. Sie ergreifen alles, was ihr Gefühl, dass sie
Kontrolle über ihr Leben haben, wiederherstellen kann, und in einer gewalttätigen Gesellschaft heißt das Bestrafung, Rache und Krieg.

Und viele von uns AktivistInnen sind auch verängstigt. Ich weiß wie leicht ich jetzt gerade in Angst und Verzweiflung versinken kann. Ich habe Angst vor der möglichen Einschränkung meiner Freiheit, Angst davor, dass ich selbst Ziel sein könnte, Angst vor dem Verlust unserer Freiheit, ja, auch Angst, vor weiteren Angriffen. Aber am meisten habe ich Angst um die Bewegung, von der ich glaube, dass sie entscheidend für das Überleben unserer Spezies ist.

Trotz allem glaube ich auch, dass die augenblickliche Krise eine großartige Gelegenheit sein kann, wenn wir nur wissen wie wir damit umgehen. Ungewöhnliche Zeiten bewirken ungewöhnliche Neuanfänge und Möglichkeiten. Unsere gewöhnlichen Lebensmuster und Denkweisen sind gründlich erschüttert. Wenn alte Strukturen zerstört sind, kann etwas Neues entstehen.

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