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Pearl

Pearl

Pearl Branskaldi (Jahrgang 1974) ist Diplom-Sozialarbeiterin und Theaterpädagogin und ist in einer Weiterbildung zur Musiktherapeutin. Beruflich arbeitet sie mit Kindern und ihren Familien. Pearl lebt mit ihrem Freund, dem gemeinsamen Sohn, zeitweise dessen Halbbruder und zwei Kaninchen zusammen. Alle wohnen in einem kleinen Dorf am Niederrhein, in einem Haus mit Garten, das sie sehr liebt.

Pearls Leidenschaft ist Musik; sie singt und hat, wie sie sagt, das Glück, immer wieder neuen Liedern in die Welt verhelfen zu können, auch wenn sie dabei weniger virtuos als intuitiv sei. Außerdem ist sie die Autorin von: „Der ewige Kreis – Teil 1: Ins Licht“ und „Der ewige Kreis – Teil 2: Vom Fest der ersten Ernte bis Mittwinter“ und veranstaltet am Niederrhein Jahreskreisfeste. Mehr findet man unter www.pagan-coaching.de.

Das folgende Interview wurde Beltane 2015 mit ihr geführt.

 

Wie hast Du Reclaiming gefunden? Wie sah Dein vorheriger spiritueller Weg aus?

Mein Weg zu Reclaiming hat definitiv über die Jahreskreisfeste geführt. Als ich meinen ersten Garten hatte, stand ich im Frühjahr voll Staunen und Ehrfurcht vor den Johannisbeerbeeten und sah die ersten grünen Blätter des Jahres. Ich war mir sicher, dass dies ein Grund zum Feiern war und freute mich sehr, als ich herausfand, dass es Jahreskreisfeste gibt. Damals begann ich mit den Forschungen für mein Buch, das gerade jetzt fertig wird. Und meine Forschung sollte  nicht theoretisch bleiben. Ich wollte nicht enden wie Rock Hudson in diesem Film, in dem er Bestseller über das Angeln schreibt, ohne selbst jemals einen Fisch gefangen zu haben. Und als ich in den „zwölf wilden Schwänen“ die Adresse von Barbara Besser fand, die in Münster Jahreskreisfeste anbietet, machte ich mich auf den Weg nach Münster. Dort habe ich viele schöne Feste gefeiert und eines Tages drückte mir Susanne Wegner einen Flyer vom Feencamp in die Hand. Da hatte sich der Kreis geschlossen: Das Buch über ein Hexencamp hatte mich zu den Jahreskreisfesten gebracht und die Feste brachten mich zu meinem ersten Camp. Das war 2006.

Davor war mein spiritueller Weg eher unspektakulär. Wie viele von uns wusste ich schon immer, dass ich „anders“ war und im Grunde auch, dass ich eine Hexe bin, auch wenn ich nie geglaubt habe, dass es „wirklich“ so ist. In meiner Theaterpädagogikausbildung habe ich viele Übungen und Techniken kennengelernt, die mich an meine Grenzen und darüber hinaus geführt haben, so dass ich mich schon ganz gut kennengelernt hatte. Dafür bin ich bis heute dankbar.

Was bedeutet Reclaiming für Dich? Was hat Dich am meisten daran angezogen? Warum bist Du dabei geblieben?

Reclaiming bedeutet für mich in erster Linie, eine spirituelle Heimat gefunden zu haben. In den Camps treffe ich Menschen, denen ich nicht erst erklären muss, worum es bei meinem Glauben geht. Das war von Beginn an und ist immer wieder wie nach Hause kommen. Ich teile die Werte von Reclaiming und habe viele tolle Dinge gelernt, die für mich extrem wertvoll sind. So ist mir die Idee des „Non-Judgement“ (also des nicht Bewertens, oder eher des sich nicht Vergleichens) mir sehr wichtig. Erst hierdurch war es mir möglich, ohne Scheu vor anderen zu singen. Jedes Camp vermittelt mir neue Erfahrungen und Einsichten und da ich zu Hause keine Gemeinschaft habe, sind diese Zeiten für mich besonders intensiv und schön. Natürlich bleiben wir alle Menschen mit Macken und Fehlern und das wird mir besonders bewusst, wenn kein Face – to – Face Kontakt da ist, sondern Dinge über Mails und Listen diskutiert werden. Reclaiming „live“ aber hat mein Herz im Sturm erobert, denn hier ist wirklich jeder auf dem Weg.

Welche Rolle spielt Spiritualität in Deinem täglichen Leben? Wie verbindest Du Reclaiming mit Deinem Alltag?

Ich würde meine Spiritualität nicht in erster Linie als „Reclaiming“ bezeichnen, denn was ich mache, ist allein mein Ding. Was mir spirituell wichtig ist, mache ich mit mir und den Göttern und Erscheinungsformen des Mysteriums aus, sonst hat da niemand was zu sagen. (Was ja eigentlich auch total Reclaiming ist, hi, hi!) Insbesondere lege ich keinen Wert auf tägliche Übungen, da es schon mehr als genug Dinge gibt, die ich täglich machen muss. Auf der anderen Seite bin ich in jeder Sekunde eine Hexe, in allem was ich mache. Über zehn Jahre lang an einem Buch zu forschen und zu schreiben, Bilder und Lieder zu finden und alles ganz handfest auf die Erde zu bringen, war mir meist genug der Disziplin. Ich singe sehr viel, eigentlich immer, wenn es geht. Ich tanze auch und wenn es geht, meditiere ich gern zum Moola Mantra, gesungen von Deva Premal. Musik ist auf jeden Fall mein wichtigster magischer Kanal, aber auch das geschriebene Wort. Der Weg um das Feld hinter meinem Haus, bei dem ich für das Land singe und die Vögel sich im Frühling revanchieren, kann sehr magisch sein. Hier finde ich auch viele Lieder, die das Land mir schenkt, oder die der Wind heranweht. In den Ritualen, die ich feiere, reise ich meist in die andere Welt.
Auch auf eine andere Art kommt Reclaiming immer wieder in meinen Alltag, wenn ich nämlich mit den anderen Hexen vom Phönix skype, was sehr oft vorkommt, oder an einem der wunderbaren Online-Kurse teilnehme.

Welchen Platz hast Du in der Reclaiming Gemeinschaft? Wie hast Du ihn gefunden bzw. bist hineingewachsen?

Ich fühle mich besonders dem Phönixcamp verbunden, denn das ist mein wichtigstes spirituelles Zuhause. Seit einigen Jahren arbeite ich im Organisationsteam mit und wenn das Rhiannoncamp in die Wirklichkeit tritt, werde ich dort als Lernhexe das Teaching Team verstärken. Manchmal denke ich auch, mein Platz ist eigentlich in der Küche, denn Kitchen Witch ist ein Titel, der mir sehr gefällt! Und die Leute beim Camp mit gutem Essen glücklich zu machen, ist jawohl die reinste Magie. Auf der anderen Seite bin ich auch Sängerin, gesegnet von Brigid und dem Gehörnten. Gern bringe ich meine Lieder mit zum Camp oder zu Veranstaltungen, denn sie sind unbedingt zum Teilen da, gehören von Anfang an der Gemeinschaft. Und ich freue mich sehr, wenn sie den anderen gefallen, bin überwältigt, wenn sie gesungen werden. Gefunden habe ich diesen Platz eigentlich nicht, er kam so auf mich zu. Das einzige, was ich getan habe, war offen zu sein und mir Mühe zu geben, nicht zu vergleichen.

Was sind Deine Wünsche und Träume im Hinblick auf Reclaiming für die Zukunft?

Da muss ich einmal tief Luft holen: MEHR LEBEN!!! Ich wünsche mir viel mehr Aktivität und ich wünsche mir definitiv mehr Hexen. Ich wünsche mir aktives Reclaiming im Ruhrgebiet. Was wir haben, ist so toll, dass ich nicht verstehen kann, warum nicht mehr Menschen partizipieren. Wenn ich nach einem Camp nach Hause fahre, das Herz immer noch sperrangelweit geöffnet, denke ich an der Raststätte: „Warum wart ihr alle nicht dabei? Das tut doch so gut!!!“ Es bringt so viel Energie und persönliches Wachstum…. Also, mein Wunsch ist auf jeden Fall noch ein ganzer Haufen aktiver Hexen, neue ,alte (stronger than before…). Und ich wünsche mir geteilte Kraft und dass wir uns gegenseitig unterstützen und immer mehr lernen, uns nicht zu vergleichen.

So soll es sein, ein Segen für alle!!!